Informationen zum Kiefer
Anatomie des Kiefergelenks
Das Kiefergelenk ist das kleinste, beweglichste und das
am häufigsten genutzte Gelenk im menschlichen
Körper. Durch seine kombinierte Dreh- und
Gleitfunktion als Doppelgelenk nimmt es eine
Sonderstellung im Körper ein. Die Gelenkseiten
arbeiten in Abhängigkeit voneinander, wobei sich der
Gelenkkopf aus der Grube heraus und wieder
zurückbewegt ohne Schaden zu nehmen. Das
Kiefergelenk befindet sich in unmittelbarer
Nachbarschaft zum äußeren Gehörgang und besteht
aus dem Gelenkköpfchen (Condylus) und der
Gelenkpfanne (Fossa) an der Schädel-
basis. Dazwischen befindet sich eine
Faserknorpelscheibe (Discus) als Puffer. Bänder
(Ligamente) und Muskeln stabilisieren das
Gelenkköpfchen mit dem Discus und ermöglichen die
Bewegungen des Unterkiefers beim Kauen und Sprechen.
Kiefergelenk und Körperstatik
Das Kiefergelenk ist nicht nur für die Statik des Kopfes
verantwortlich, sondern ist auch in die allgemeine
Statik des Körpers eingebunden. Verändert sich in
diesem Gelenk nur ein Teil des empfindlichen
Gefüges, kommt das ganze System aus dem Lot und kann
überall im mensch-
lichen Körper zu den verschiedenartigsten kleinen
und großen Störungen führen. Hinweise können
Kopf-, Nacken-, Schulter- und Rückenschmerzen sein.
Beispielsweise kann bei einer so genannten
Kopfvorhaltung, die durch Körperfehlhaltung beim
Arbeiten am PC auftreten kann, die Muskulatur, die
eigentlich für die Bewegung beim Kauen zuständig
ist, mit die Haltefunktion des Kopfes übernehmen.
Kauvorgang
Für die Zerkleinerung der Nahrung sind Zähne, Kiefergelenk
und Kaumuskulatur in ihrer Funktion optimal
aufeinander abgestimmt. Das Zusammenspiel zur
Bewegung des Unterkiefers wird durch Nerven
gesteuert, die einen Regelkreis bilden, dessen
Steuerzentrum im zentralen Nervensystem (ZNS) durch
Nervenfühler (Rezeptoren) alle Bewegungen
koordiniert. Wird dieses funktionelle Zusammenspiel
gestört, kommt es zu Erkrankungen des
Kiefergelenkes, der Kaumuskulatur oder des Zahnbettes
und der Okklusion (Zusammenbiss der Zähne).
Beim Kauen und beim Schlucken des Speichels haben die
Zähne Kontakt. Ansonsten sollte der Unterkiefer zum
Oberkiefer keinen Kontakt haben. Diesen Zustand
nennen die Zahnärzte Ruhe-Schwebe Lage. Nur der
Unterkiefer führt die Bewegung aus, die zum Beißen
und Kauen notwendig ist. Der Volksmund kennt
Aussprüche, die sicherlich nicht auf eine
Ruhe-Schwebe Lage hinweisen: "Der beißt aber
die Zähne zusammen", "Die beißt sich
durch", "Dem werde ich die Zähne
zeigen" - hierbei zeigen sich eher die
aggressionsbezogenen Zusammenhänge von Gebiss und
Psyche.
Kiefergelenkstörungen
Die Kiefergelenkmuskeln verspannen sich, Schmerzen
entstehen. Darüber hinaus werden weitere
Muskelgruppen zur Entlastung aktiviert, wie z. B.
Hals- und Nackenmuskeln. Der Schmerz verlagert sich
nun auch in andere Regionen des Körpers. Hierbei ist
zu beachten, dass der Unter-
kiefer ein Knochen ist, der die Mittellinie des
Körpers überquert. Veränderungen in der Lage und
Funktion auf der linken Seite haben so direkte
Auswirkungen auf die Lage und Funktion der rechten
Seite. Ist die Funktion oder die Lage erst mal
verändert, folgen die anderen Elemente wie
Muskulatur, Knochen und Bänder zwangsläufig. Ein
neues, oft krank machendes Gleich-
gewicht stellt sich ein, die Fehlfunktion.
Ursachen einer Funktionsstörung
Oft ist die Ursache für das nächtliche Zusammenpressen der
Zähne oder Knirschen (Bruxismus) eine Folge von
täglichem Stress. Stress, so wird heute allgemein
angenommen, ist die Haupt-
ursache für das Zähneknirschen. Bei nächtlichem
Knirschen fühlt sich der Kiefer morgens nach dem
Aufwachen oft steif und ermüdet an, die Mundöffnung
ist eingeschränkt. Die Folge der hohen Belastung
während des Knirschens sind Beschwerden in den
Kiefergelenken und der Kaumuskulatur. Auch das
Schlafen auf dem Bauch oder eine häufige Fehlhaltung
des Kopfes, besonders am PC, oder eine schlechte
Sitzhaltung gehen in der Regel mit einer spürbaren
Verspannung im Bereich der Nackenmuskulatur einher.
Schließlich können auch traumatische Einflüsse,
wie ein Schlag auf das Kinn, ein Schleuder-
trauma, lang andauerndes Mundöffnen beim Zahnarzt
oder bei einer Intubationsnarkose, ein gestörtes
Relationsverhältnis von Ober- und Unterkiefer und
eine fehlerhafte Verzahnung mit Störkontakten der
Zähne, die Ursache für chronische Beschwerden sein.
Kiefergelenkarthrose
Manchmal kann es auch zu einer Verlagerung des Diskus kommen, der
quasi als Stoßdämpfer zwischen dem Gelenkkopf und
der -pfanne dient, was dann zu Schmerzen führen
kann. Beim Öffnen des Mundes "springt" das
Gelenkköpfchen über die Hinterkante des Discus.
Dies kann dann als Knackgeräusch wahrgenommen
werden. Sind diese Störungen lang andauernd, kann es
zu einer degenerativen Gelenkerkrankung (Arthrose)
kommen.